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Die schnelle Reparatur zwischendurch: Tektronix 11802 mit E5622

Kurz vor Weihnachten ist bei mir zwar kein dicker Mann mit weißem Bart stehen geblieben, aber ich bekam einen Anruf: „Du, hier steht ein bisschen Gerät rum, dass du vor dem Schrott retten kannst.“

Also gut, mal hin und ein Gerät entdeckt, auf dass ich sogar schon ein paar mal mehr oder weniger lustlos bei eBay geboten hatte: Ein Tektronix Samplingscope der 11000er-Serie.

Diese Serie von Tektronix besteht aus nur sehr wenigen Geräten und ist recht hoch spezialisiert in ihrer Anwendung: Ganz schnelle, digitale Signale. Es handelt sich um reinrassige Sampling-scopes, die keinerlei „Echtzeit“-Fähigkeit haben. Gesampelt wird mit bis zu 200 kS/s, also voll lahm.

Warum ich sowas will? Jedes China-Scope kann ja heutzutage 1 GS/s oder mehr… ja… aber… die Tektronix-Einschübe (auch die 11000er Serie ist Einschub-basiert) gehen in ihrer analogen Bandbreite unglaublich hoch. Der schnellste Einschub, der SD-32, hat eine analoge Bandbreite von bis zu 50 GHz!!

Wenn man sich z.B. mit schweineschneller Logik beschäftigt und sich ansehen möchte, ob die Pulse aus den Baugruppen so aussehen, wie man sich das vorstellt: Voila, das ist deine Kiste!

Und genau hier ist meine Anwendung, hin und wieder befasse ich mich mit dem Design einigermaßen flotter Pulsgeneratoren um Frequenzkämme bis in den GHz-Bereich zu erzeugen. Da ist es natürlich nett, auch mal die Anstiegszeit qualifiziert messen zu können. Vor dem Hintergrund bin ich, wie geschrieben, schon ein paar mal um so eine Kiste herum geschwänzelt.

Naja, jetzt ist es soweit. Einladen, heim fahren, ausladen:

Etwas Beifang ist auch noch dabei, ein HP 54111D und etwas Kleinkram.

Bestandsaufnahme:

Die Einschübe hat man mir nicht mit in den Container geworfen, welch Ärger.

Der optische Zustand ist schön, ein paar Aufkleber, die runter wollen, sonst nichts.

Es liegt eine Notitz bei, „Nicht reparierbar“ – Na, das wollen wir mal sehen.

Erster Blick: Ja, 230V sind eingestellt. Also Stecker rein und anschalten.

Nix knallt, öde.

Die LEDs der Frontplatte blinken, es klickt hin und wieder ein Relais und auf dem Monitor wird mir mitgeteilt, dass der Selbsttest läuft. Nach etwa 30 Sekunden spielt das Tek die fröhliche Melodie eines fatalen Fehlers, bleibt hängen und präsentiert: E5622

E5622 gehört zur Kategorie der schwerwiegenden Selbsttest-Fehler des Zeitbasis-Boards, man kommt aus dem extended-test-Menü nicht raus: Die Kiste bleibt stur und macht nix.

Uff…

Aber, Tante Google weiß wie so oft Rat und findet einen Eintrag aus der Tek-Mailingliste auf groups.io: https://groups.io/g/TekScopes/topic/11801_diagnostic_help/30445357?p=

Alles halb so wild, wenn der Fehler auftritt heißt das höchstwahrscheinlich die NVRAMs sind platt. Dabei handelt es sich um zwei Feld-Wald-Wiesen-RAM-Chips, die in speziellen Sockeln von Dallas stecken (Typ DS1213, gibts aber nicht mehr), die eine Batterie enthalten. Nach 25 Jahren ist die nun platt und damit auch das RAM, der Inhalt ist weg. Das ist aber wohl gar kein Problem, wird dort geschrieben. Neue NVRAMs gibt es, das ST M48Z35-70PC1. Einfach rein Stecken, ein paar mal ein und aus schalten und die Kiste läuft wieder.

Ob die NVRAMs wirklich platt sind, lässt sich ja leicht überprüfen: Da sie ja gesockelt sind, müsste ich die Vcc messen können. Hier erlebe ich eine positive Überraschung: die Cal-Aufkleber von Tektronix sind oben wie unten noch unversehrt auf der Kiste, da war also niemand drin und hat versucht irgendwas zu reparieren.

Ich weiß garnicht, wie viele völlig verpfuschte Kisten ich schon hatte. Mir ist es immer am liebsten, der Fehler ist noch jungfräulich. Das „Gewerk“ von anderen erst mal mit großem Aufwand rückbauen zu müssen, ist nun nicht gerade die helle Freude. Nicht, dass ich besser bin was Pfusch angeht, aber dann ist es wenigstens MEIN Mist… 🙂

Nimmt man den Geräteboden ab, sind die NVRAMs direkt zugänglich. Das Schlimmste ist es also, das schwere Gerät auf die Werkbank zu wuchten.

Kurz gemssen:

Gerät an 5V.

Gerät aus 1 mV.

So wird das nichts mit NV.

Hier sieht man im ausgebauten Zustand schön den Puffer-Sockel von Dallas:

Also am Sonntag den 20.12. noch schnell bei Mouser die NVRAMs bestellt. 21.12. Versand und am 23.12. morgens um 9 Uhr steht Fedex vor der Tür. Und das Paket kam aus den USA. Verrückte Welt.

Die Chips sind schnell getauscht und Tatsache, es kommt Bewegung in das Gerät: Neue Fehlermeldung T1331. Das bedeutet, dass der Inhalt des NVRAMs nicht okay ist. Welch Wunder.

Ein und Ausschalten hat bei mir nichts gebracht. Aber einmal den Selbsttest bei eingeschaltetem Gerät nochmals durchlaufen zu lassen hat alle Fehlemeldungen vertrieben. Das war’s. Gerät läuft wieder. Sogar die Uhr geht noch fast richtig.

Nun brauchte ich noch Einschübe. Wie mein Glück es will, ist bei eBay just zu diesem Zeitpunkt ein SD-26 zu einem Vernünftigen Preis drin. Der SD-26 ist ein Sampling-Kopf mit einer Bandbreite von 20 GHz und zwei Kanälen. 3…2…1… Meins.

Genau am 31.12. ist das Paket da, schaffe ich den Projektabschluss noch 2020? Feiern fällt ja eh aus, auch wenn allein das natürlich ein Feuerwerk wert gewesen wäre 😉

Flux ins Gerät damit und… voila, ich seh’ was.

Ich hab einen schnellen Puls-Generator von Leo Bodnar, der packt laut Spezifikation 28,4 ps Anstiegszeit. Mit dem SD-26 messe ich eine Anstiegszeit von 33 ps.

Zunächst etwas Verwundert fange ich an zu überlegen. Die 4-5 ps Unterschied kann ich ja so nicht auf mir sitzen lassen. Was, wenn der neu gekaufte Sampler defekt ist?

Da so schnelle Pulse und deren Betrachtung für mich Neuland sind, muss ich wiedermal etwas nachlesen und recherchieren. Nach kurzer Zeit komme ich der Sache schon deutlich nahe: Da der SD-26 aber mit der eigenen Anstiegszeit von 17,5 ps noch signifikant in das Ergebnis einspielt, muss ein etwas schlechteres Ergebnis heraus kommen. Nach etwas Rechnen, die Zeiten kann man quadriert addieren und dann die Wurzel ziehen, mit den beiden bekannten Zeiten komme ich auch genau auf 33 ps. Passt!

Das ist eine, zumindest für mich, neue Erkenntnis: Betrachte ich die Anstiegszeit von einem Puls, muss mein Messgerät nicht nur deutlich sondern sehr erheblich schneller sein, sonst verfälscht es das Ergebnis. 4-5 ps sind nicht viel, bei dem hier gemessenen Puls-Generator aber ist die Spezifikation 30+-2 ps. D.h. nach meiner Messung wäre er nicht mehr innerhalb.

Anschließend noch ein kleiner Test: Ich nutze einen HP 8671B Synthi als Quelle und Triggere auf die 10 MHz-Referenzfrequenz.

Hier zu sehen, 18,5 GHz im Zeitbereich, etwas rauschig, aber gut auszumachen. Das Rauschen ist vermutlich zu weiten Teilen der niedrige Triggerpegel (aus dem 8671 kommt die Referenz nur mit 0dBm raus).

Wunderbar. Ich bin zufrieden. Jetzt werde ich mich auf die Lauer legen, weitere Einschübe zu ergattern. Insbesondere einer der 30er wäre gut, aber die Preise sind teilweise doch recht happig.

Noch einige Worte zu diesen Geräten. Das sind wirklich ziemlich spezielle Kisten und auch ausgesprochen unhandlich in der Bedienung: Sie können prinzipbedingt nicht mehr (bzw. Nur eingeschränkt) auf das Signal triggern. Sonst bräuchte man ja eine Triggerschaltung, die auch 20 GHz oder mehr Bandbreite hat. Also mal eben ein Signal einspeisen und angucken, das geht nicht.

Hier muss man sich mit Techniken behelfen:

1) Trigger-Eingang. Um bei dem Puls-Generator von Leo Bodnar zu bleiben. Der hat einen zweiten Anschluss aus dem eine Triggerflanke kommt, die mit der steilen Pulsflanke korrespondiert. Wenn man sowas hat: Gewonnen!

2) Clock-Ausgnag: Der 11802 gibt seine interne Clock aus, wenn man also sein Messobejkt an den Takt des Messgerätes anpassen kann, ist es auch einfach.

3) Delay-Line: Der 11802 hat im Gegensatz zum 11801C/CSA802 nur eingeschränktere Software-Funktionen. Dafür hat er aber in seiner aqusition-unit zwei delay-lines. In diesen ist auch ein Leistungsteiler, der auf den Triggereingang gelegt werden kann. So kann auf das Signal getriggert werden, dies geht aber nur für Pulse (schnelle Flanke, moderate Wiederholrate), nicht für CW-Signale. Die Bandbreite der Delay-Lines ist natürlich beschränkt.

Das gilt alles natürlich nur für richtig flotte Signale. Ein 100 kHz Sinussignal speist man einfach in den Triggereingang parallel mit ein, fertig. Aber ein 11000er ist nun wirklich nichts, um sich einen 100 kHz Sinus anzugucken. Das ist wie mit dem Prosche einen Umzug zu machen, geht, ist aber irgendwie blöd.

Rohde & Schwarz CMTA 84, die (fast) unendliche Geschichte

Eine Geschichte in fünf Akten

Hier mal ein Reparaturbericht, der wirklich die Redensart „was lange währt, wird endlich gut“ verkörpert. Vor einigen Jahren habe ich einen CMTA 84 aus einer Gitterbox gezerrt. Von dem Gerät wusste ich, dass es defekt war und ich wusste, dass es vorher jahrelang bei einem Elektroniker auf dem Tisch herumstand und er es nicht wieder zum Laufen brachte. „Irgendwas im Netzteil“, das wusste ich, mehr nicht. Außer: „Keine Unterlagen, keine Ahnung“, das gab man mir noch mit auf den Weg.

Nachdem ich ja nun mittlerweile vor dem einen oder anderen R&S Netzteil gesessen habe, dachte ich, das wird schon irgendwie machbar sein (was habe ich mich da geirrt).

Bestandsaufnahme:

Das Gerät ist vollständig (gut! Was nicht da ist, kann nicht repariert werden).

Das Gerät hat alle verfügbaren Optionen verbaut (sehr gut!):

B5 – Automatische Tests,

B6 – Nachbarkanal-Leistungsmesser,

B8 – RF-Millivoltmeter und

B9 Duplex-Synthesizer & Modulation-Meter (ist beim CMTA84 serienmäßig).

Lediglich B12 und 13 fehlen, das sind spezielle Software-Optionen für die C-Netz-Simulation und -Analyse, das kann ich verschmerzen (aber nur gerade so ? ).

Steckt man das Gerät ein, leuchtet die Stand-By LED (gut!).

Schaltet man es ein, geht die LED aus, es klickt kurz im Gerät und die LED geht wieder an. Sonst passiert nichts (nicht gut!).

Dieses Verhalten zeigt, dass das Netzteil einen Fehler detektiert hat und in den Power-Fail-Modus geht. Die Schutzschaltung tut also auf den ersten Blick was sie soll.

Weitere mögliche Fehler im Gerät sind nicht auszumachen, da ohne Strom der CMTA natürlich gar nichts tut.

Das war 2012, jetzt haben wir 2019. Das sollte einen Vorgeschmack geben, auf das Maß an Sturheit, das hier nötig war. Natürlich habe ich nicht konstant fast 7 Jahre an dem Gerät gebaut. Aber über all die Zeit immer dann und wann mal wieder. Die ganze Geschichte findet sich in diesem Basteltagebuch. Hin und wieder habe ich Jahreszahlen eingestreut, um eine Vorstellung zu vermitteln, was wann passiert ist.

Vorbemerkung: Der CMTA

Der CMTA 54/84/94 stellte damals, Anfang der Neunziger, das oberste Segment der Funkmessplatz-Generation von Rohde und Schwarz dar. Die drei Geräte unterscheiden sich in den heute relevanten Funktionen nicht:

CMTA 54: Analoger Funk

CMTA 84: Analoger Funk + C-Netz (und internationale Konkurrenten)

CMTA 94: Analoger Funk + GSM (hier sind die Infos sehr vage, kam wohl recht spät im Produktzyklus)

Die CMTA-Reihe ist der große Bruder zum recht verbreiteten CMT. Rohde und Schwarz hat die Geräte wie folgt unterschieden (Auszug aus einem Datenblatt):

GeneraI-purpose radio tester CMT

Its range of measurement facilities makes the CMT ideal for radio testing in production, simple development tasks and in mobile or stationary service. Applications also include maintenance and fast go/nogo testing for incoming inspection.

High-tech radio tester CMTA

CMTA provides radio measurements of the highest quality. It contains all the facilities required for precision measurements. Its unusual variety of measurement capabilities provides exceptional test depth. This means that the CMTA will mainly be used in development, quality assurance, type approval and acceptance testing.”

Dementsprechend findet man CMTs recht oft (werden auch europalettenweise von der Bundeswehr ausgesondert), CMTAs hingegen sind sehr selten.

Ich habe keine Preisinfos (das ist bei R&S ja traditionell alles schwer zu finden), aber ich gehe davon aus, dass die knapp 10 Kilo mehr Gerät einen stattlichen Aufpreis hatten.

Was kann man mit einem CMTA alles machen? Im Grunde alles. Das ist ein „Funk-Multimeter“.

Kurz zusammengefasst ist es:

  • ein Messender mit weit reichender Eichleitung (Empfindlichkeitsmessung!) und den üblichen Modulationsarten (AM, FM, PM und auch SSB!)
  • ein Leistungsmessgerät 5mW bis 50W
  • ein Modulationsmesser (AM, FM, PM)
  • ein Frequenzzähler
  • ein Audioanalyzer (RMS-Pegel, Klirr, SINAD, Spectrum-Analyzer)
  • ein selektiver Pegelmesser
  • ein Spectrum-Analyzer (sehr rudimentär!)
  • ein Digital-Oszi (sehr rudimentär!)
  • ein DTMF-Geber und Auswerter/Zweiton-Messungen
  • komplett duplex-fähig
  • Anschlüsse für URV-Messköpfe

Alles in einem Gerät.

Da ich ihn im Netz nirgendwo finden konnte, habe ich die Broschüre (oder Datenblatt, Datasheet) eingescannt und ihr könnt es hier als Download finden:

Erster Akt: Das Netzteil

Nachdem klar war, dass die Reparatur mit dem Netzteil anzufangen ist, gilt es auch hier eine Bestandsaufnahme zu machen. Und hier kommt der erste Schreck: Es fehlen Bauteile auf dem Board!

Spätestens jetzt ist ohne Unterlagen nichts mehr zu wollen.

Zum Glück kann ich zumindest für die Netzteilbaugruppe eine Schaltungsbeschreibung mit Schaltplänen auftreiben.  Die augenscheinlich fehlenden Bauteile (ein paar SMD-Dioden) sind schnell ersetzt. Es wurde aber auch V112 ausgebaut. Der Bezeichner ist passend (da hatte wohl jemand den richtigen Humor), dabei handelt es sich um eine eher rustikale 28V Zener-Diode (BZY93/C30R) im 24V-Zweig. Das ist die letzte Rettungsebene. Wenn die Spannung zu sehr steigt, schließt sie das Netzteil kurz und erzwingt so ein Abschalten, um das Gerät zu retten. Sie ist ausgebaut… Ohje.

Im Blockschaltbild sieht man, wie das Netzteil im Grunde arbeitet. Alle Spannungen werden von der Überwachungslogik überprüft und wenn auch nur eine davon nicht rechtzeitig da ist, knipst diese das gesamte Netzteil aus und geht auf „Power-Fail“.

Wenn man die Unterlagen mal hat, wird schnell klar, dass das Netzteil sehr service-freundlich konstruiert ist. Es gibt diverse Jumper, mit denen die Schutzschaltung deaktiviert und der Leistungszweig vom Netzteil getrennt werden können.

Tut man dies, und schaltet das Netzteil ein, so rennt der Controller los und das Netzteil in Betrieb, allerdings nur bis zu den Treiberstufen. Dann kann man bequem alles durchmessen. Dabei ist das Resultat, dass der Treiberzweig komplett in Ordnung ist und auch die Regelung eigentlich ziemlich genau das tut, was sie soll. Also muss der Fehler weiter hinten liegen.

Trocken geprüft, sind die Leistungshalbleiter okay. Nun mal im Betrieb.

Erstes Resultat: Mit einem leisen Klack, verabschieden sich die Leistungs-FETs V12 und V13 ins Halbleiter-Nirvana. Ups. Beim Ersetzen der FETs sehe ich, da war ich vielleicht nicht der Erste. Laut Handbuch müssten da BUZ41A verbaut sein, es sind aber tatsächlich IRF840A eingelötet. Ob das nun ab Werk so war, oder das ein Reparaturversuch gewesen ist, weiß ich leider nicht. Das ist der Nachteil an „verbastelten“ Geräten. Eine Überprüfung der Freilaufdioden ergibt, dass diese auch kaputt sind, ob nun dabei gestorben, oder ob sie die Leistungstransistoren „gerichtet“ haben, ist unbekannt.

Laut Netz soll ein IRF830 (nicht 840) der passende Ersatztyp für den BUZ41A sein, also ersetze ich bei der Aktion beide Transistoren durch solche. Damit ist der komplette Leistungszweig einmal mit neuen Halbleitern bestückt.

Leider läuft es immer noch nicht rund. Der Zündkoppler sollte eigentlich ca. 6,5V machen, es kommt aber nur etwas in der Größenordnung von 1V raus. Nach kurzer Suche stellt sich der Treibertransistor V9 als Übeltäter aus, BE-Schluss. Dieser treibt den Leistungs-FET V13.

Auf dem Foto sieht man auch „schön“ die eigentümlichen Veränderungen im Netzteil, warum dieser Draht da eingelötet wurde (und die PCB dafür so unschön verkratzt) ist mir bis heute unklar.

Außerdem unterwegs noch V11 gefunden, oder zumindest die Hälfte. Ich will sie zum Testen auslöten, da kommt mir bereits eine halbe Diode entgegen:

Das ist die Suppressor-Diode, die V9 schützen soll. Es ist in diesem Netzteil wohl von Anfang bis Ende alles einmal „durch“ gegangen.

Nachdem das alles gelöst ist, kommt sogar Strom aus dem Netzteil. Aber so richtig wollen, will es immer noch nicht. Es geht an, die Spannungen kommen für ein paar zehntel Sekunden hoch und dann säuft das Netzteil gleich wieder ab, „Power-Fail“.

Erste Messungen legen den Verdacht nahe, dass das Gerät zu viel Strom zieht, das habe ich auch befürchtet. Die ausgebaute V112 schwirrt mir da immer noch durch den Kopf. Aber wirklich sicher bin ich mir zu dem Zeitpunkt auch nicht. Schließlich belaste ich ein sicher defektes Netzteil mit einem potentiell defekten Gerät. Wer da nun welchen Einfluss hat, ist immer schwer zu sagen, ich kann ja nicht in einem „eingeschwungenen Zustand“ gemütlich vor mich hin messen, sondern habe ein Gerät, dass vielleicht eine knappe halbe Sekunde zuckt und dann wieder aus geht.

Das ist der Punkt, an dem ich erst mal die Klamotten in die Ecke werfe und es gut sein lasse.

Zweiter Akt: Das Netzteil

Das Drama zieht sich bis dahin bereits etwa ein halbes Jahr hin. Nach knapp einem Jahr Pause, Anfang 2014, hat mich der CMTA dann wieder gejuckt. Das Netzteil lief ja immer noch nicht richtig. Hier muss also systematisch nochmal alles hinterfragt werden.

Um derartige Experimente nicht am Gerät selbst durchzuführen, muss eine Dummy-Load her. R&S gibt im Manual Werte an, um eine eben Solche zu bauen. Einmal „minimale Last“ und einmal „maximale Last“ für die abschließende Kontrolle. Meine sieht so aus:

Oben maximale Last, unten minimal, links ein Schalter für Stand-by

Ja, es nicht so schön wie der Prüfstand, den Marc (http://www.bymm.de/) sich gebaut hat. Sogar fast zeitgleich, wie ich später aus seinem Bericht zum FSEM erfahre. Aber immerhin ähnlich erfolgreich, wie sich letzten Endes herausstellt.

An jeder LED kann man sehen, ob die entsprechende Spannung da ist oder nicht.

Dabei kommt nach einigem Suchen heraus:

Die von mir bestellte und eingebaute V112 ist keine BZY93/C30R, sondern eine BZY93/C30. Das R bedeutet, dass die Polarität umgedreht ist. Ich habe also das Netzteil die ganze Zeit unwissentlich kurzgeschlossen. Nach Überprüfung ist klar: Ich habe eine C30R bestellt, aber eine C30 bekommen. Ein Jahr später muss ich da aber nicht mehr reklamieren. So ein Mist!

Immerhin heißt das, dass nicht zwangsläufig ein Kurzschluss im Gerät vorliegen muss.

Pause: Ich ziehe um

Ich wollte den CMTA eigentlich vor dem Umzug (Mitte 2014) fertig bekommen, aber das hat leider nicht geklappt. Also baue ich das defekte Gerät vollständig zusammen und verpacke ihn. Unnötige Arbeit.

Dritter Akt: Das Netzteil

Mit einer nun „richtig gepolten“ C30R, springt das Netzteil an, ein Erfolg!

Der CMTA gibt Lebenszeichen von sich, bootet aber nicht durch, kein Erfolg!

Auch verhält es sich nach wie vor komisch:

Einschalten, „Power-Fail“, ausschalten.

Einschalten, „Power-Fail“, ausschalten.

Einschalten, „Power-Fail“, ausschalten.

Einschalten, Netzteil springt an!

Das ist der Punkt, an dem ich endgültig die Nase voll habe, mittlerweile ist es 2015. Ich habe keine Ahnung, warum das Netzteil manchmal startet, manchmal nicht. Es kann sein, dass es irgendwas mit den „Verbastelungen“ zu tun hat: Es wurde an diversen Stellen in der Schutz- und Regelelektronik geprüft, gelötet, gearbeitet.

Wenn das Netzteil anspringt, bootet der CMTA, wie gesagt, immer noch nicht:

Der Lüfter läuft an, es leuchten diverse LEDs und die Display-Beleuchtung auf, sogar der Monitor zeigt etwas an (Testbild – wird vermutlich angezeigt, solange der Video-Controller nicht angesprochen wird). Aber weiter kommt das Gerät nicht.

Zwischenspiel: Der Organspender

Kurz nachdem ich die Lust am Netzteil verloren habe, hat Helmut Singer in Aachen einen CMT52 als „ungeprüft ab Stapel“ im Angebot. Dort schlage ich zu: Ein neues Netzteil und, sollte etwas an meinem Gerät defekt sein, ein Organspender.

Kurze Zeit später trudelt das Gerät bei mir ein. Zusammen mit einer herben Enttäuschung: Obwohl die Geräte Geschwister sind, ist das Netzteil-Modul unterschiedlich. So ein Mist. Der CMT wandert in’s Regal und ich komme nicht weiter.

Ja, richtig, ich habe aufgegeben.

Leise rieselt der Staub auf dieses Projekt. Ich habe endgültig die Lust am CMTA verloren. Massenhaft Bauteile, viel Zeit, Recherche und dann noch ein nutzloser Organspender waren irgendwann zu viel. Das Gerät wandert zu seinem kleinen Bruder in die Ecke. Bis dann, eines Tages Ende März 2018…

Vierter Akt: Das neue Netzteil

…ich bei eBay zufällig ein Netzteil erblicke. Hoffnung keimt auf, mit einem nachweislich funktionierenden Netzteil-Modul, ist zumindest diese Variable aus dem Weg. 3-2-1-Meins, stecke ich wieder einmal Geld in dieses Projekt.

Das neue Modul ist da, und der CMTA bootet damit… natürlich nicht, was denkt ihr denn? ?

Damit ist auch das Interesse an diesem Gerät wieder da. Aber 2018 ist ein „messtechnisch arbeitsreiches“ Jahr bei mir. Viele neue Geräte halten Einzug, unter anderem ein komplettes HP 8510C 40 GHz VNA-System. Die sind natürlich auch alle mehr oder weniger defekt und benötigen erst einmal etwas Zuneigung. So bleibt der CMTA in seiner Ecke neben der Werkbank stehen, die er nun seit dem Umzug 2014 bewohnt.

Bis ich dann das erste Mal beim Funkmessplatz in Kassel (https://funkmessplatz.info/) aushelfe, April 2019. Da noch als „Praktikant“ ohne eigenen Messplatz. Es wird aber klar: Ein weiterer, richtiger Messplatz ist sinnvoll, um den Ansturm zu bewältigen und ich darf beim Messplatz-Team mitspielen. Nun richtet sich mein Augenmerk wieder auf den CMTA.

Fünfter Akt (Finale): Das CPU-Board

Etwas besorgt bin ich ja schon, ihr erinnert euch an V112, als ich den Messplatz Mitte April 2019 wieder auf den Tisch hieve. Was ich bis jetzt weiß:

Das neue Netzteil funktioniert.

Der CMTA startet, das Scope zeigt ein Testbild, aber er bootet nicht.

Also deutet alles auf einen Fehler in der CPU-Baugruppe oder ihrer Peripherie hin. Sonst würde das Gerät ja zumindest irgendetwas tun und sich beim Selbsttest aufhängen. Es tut aber gar nichts.

Ich habe keinen Extender für die Karten des Gerätes, aber das CPU-Board ist zum Glück das Hinterste. Baut man das Netzteil aus, hat man Zugang. Dafür hatte ich mir schon vor einiger Zeit entsprechende Kabel aus PC-Stromkabeln hergestellt. R&S nutzt die gleichen Molex-Stecker. Dass ich mir damit selbst ein dickes Ei gelegt habe, weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Und ich dachte, es sei eine gute Idee

Die erste Maßnahme war das Sichern der EPROMs. Anhand der Prüfnummern gab es zumindest hier Entwarnung: Alle EPROMs haben noch den korrekten Speicherinhalt. Das entspannt ungemein, schließlich bedeutet das auch, dass zumindest nicht alles durch eine Spannungsspitze des Netzteils „gegrillt“ worden sein kann. Die 5V_D werden ohne weitere Regulierung direkt vom Netzteil-Modul geliefert, die EPROMs hätten also jede Überspannung sofort abbekommen. Es kann also nicht alles tot sein.

Leider habe ich immer noch keine Service-Unterlagen zum CMTA 84. Selbst Fabian Filbert (ex. Rainer-Förtig) hat keine, nur für den CMTA 52/54.(*)

(*) Im Nachgang habe ich gesehen, dass sogar die zu meinem Gerät zugehörigen Originalunterlagen zwar auf dem Ordner CMTA 84 stehen haben, aber im Inneren auch “nur“ CMTA 52/54 sind. Mit Ausnahme des extra Ordners für die CR-Simulationen: Das ist der Unterschied zwischen einem 54 und einem 84 – Wer also sein C-Netz (oder die internationalen Konkurrenzstandards der pre-GSM-Ära) durchmessen will, braucht einen CMTA 84.

Jetzt kommt mir aber doch der defekte CMT52 zugute: Ich ziehe die CPU-Karte raus und halte beide Karten nebeneinander. Trotz unterschiedlicher Nummer, sind sie hardware-mäßig 1:1 identisch. Unterlagen vom CMT habe ich, das müsste also hier gut passen. Glück gehabt. Und ich kann ihn also doch als Teilespender nutzen.

Links CMT, rechts CMTA

Erste Überprüfung an der CPU: Spannung ist überall da, der Clock-Generator erzeugt eine 5 MHz Clock aus dem 10 MHz Referenz-Signal. Das ist übrigens wichtig zu wissen, wenn man die CPU-Karte testen will: Die Clock wird aus dem 10 MHz OCXO generiert und der sitzt in einer anderen Baugruppe. Die CPU hat keinen eigenen Taktoszillator! Ist das entsprechende SMB-Kabel nicht aufgesteckt, macht die Baugruppe nichts.

Was nicht geht: Kommunikation. Der Bus-Treiber für die Fronteinheit mit Tastatur und Display bekommt kein Chip-Select. Es ist also nicht verwunderlich, dass dort nichts angezeigt wird. Seltsam: Manchmal geht die Beleuchtung der Displays an, manchmal nicht. Manchmal leuchten alle LEDs, manchmal nicht. Sehr komisch.

Hier rächt sich mein Verlängerungskabel. Zwei der Leitungen haben statt 0,2 Ohm über 1 Ohm Serienwiderstand. Und statt der +5V (Analog), +15V aus dem Netzteil, kommen dann nur noch 3V und 11V auf dem Mainboard an. Ab in den Müll damit, so bringt man sich selbst auf’s Glatteis. Nachdem das Verlängerungskabel entfernt ist, ist die Frontplatte (wie zu erwarten) reproduzierbar leer, nichts leuchtet.

Intern passiert aber einiges auf der Karte. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, Datenströme zu analysieren. Ich habe immer nur geprüft, ob auf einem Bus „Party“ ist oder nicht. Diese Info ist für mich zunächst ausreichend.

„Party“ ist auf den Adress- und Datenleitungen. Kein Interrupt klebt hoch. Power-Fail und Reset tun das, was sie sollen.

Aber von den EPROMs werden nur zwei, D12 und D13, angesprochen. Der Rest bekommt kein CS. Das ist sehr eigentümlich. Ich vermute hier, dass die 1:4 DEMUXe (D7 und D14) defekt sein könnten. Diese de-multiplexen das Signal der CPU in die Chip-Selects der EPROMs und der RAM-Chips. Ich habe jetzt zwei Alternativen: Mit einem Logic-Analyzer zu prüfen, ob der DEMUX nur so angesprochen wird, dass nur zwei der sechs EPROMs CS bekommen… oder ihn einfach stumpf auszutauschen. Ich entscheide mich für Letzteres und pflanze D7 aus dem CMT beim CMTA ein. Keine Änderung. Da ich aus Gewohnheit ICs, die ich tausche, immer in Sockel stecke, kommt das Original wieder zurück.

In eine weitere Sackgasse stolpere ich bei der Read/Write-Enable-Logik. Hier verhält sich ein NOR-Gatter nicht wie Eines (D41 III). Natürlich erst nachdem ich es ausgetauscht hatte, bemerke ich, dass dort ein Fehler im Schaltplan vorliegt. Ein 74LS32 ist ein OR-Gatter, es ist aber als NOR-Gatter eingezeichnet. Also kommt auch hier der Original-Chip wieder zurück auf’s Board.

Fehler im Schaltplan

Also nochmal ein Schritt zurück, es gibt im Manual eine „Trouble-Shooting“-Anleitung, die gehe ich ein weiters Mal durch, vielleicht habe ich ja was übersehen (habe ich…. ?):

+5V und V_BU? Check.

Clock? Check.

X20, X21, X27 (das sind interne Jumper) verbunden? Check.

Power-Fail Ok? V_BU, CSRB, RESET? Che… Moment! Was ist CSRB?

CSRB ist ein Signal, dass die RAM-Chips, um die Lithium-Batterie zu schonen, in Tiefschlaf versetzt bzw. sie aufweckt, wenn das Gerät eingeschaltet wird. Dieses Signal hatte ich völlig übersehen und auch beim ersten Durchgehen der Checkliste nicht bemerkt.

Und tatsächlich CSRB bleibt low.

Das Signal wird aus einem RS-Flip-Flop aus zwei NAND-Gattern (D48) erzeugt. Der eine Eingang ist über einen Pullup-Widerstand auf 5V gezogen. Ein kleines DIP-Relais (K1) soll den !S Eingang auf GND ziehen und damit wird das Signal high am Flipflop. Es gibt aber keinen Pulldown, also kippt das Flip-Flop auch nicht.

Das Relais wird über D43 angesteuert. Dieselbe Schaltung regelt auch das Umschalten von V_Bat auf V_BU für das RAM und das funktioniert. Also das Relais ausgebaut und etwas ungläubig geprüft, schließlich ist das ein Board voller empfindlicher Bauteile und dann soll es ein ganz profanes Relais sein, was ja auch nur einen Schaltzyklus pro Ein/Aus-Schalten sieht, also nicht gerade belastet ist?

Aber ja: Der GND-Pull !R des Flipflops wird weg geschaltet (Pin 1 an K1). Pin 14 wird aber nicht auf GND gezogen, das Relais schaltet also nicht vollständig „durch“. Also K1 aus dem CMT gerupft, kurz getestet (geht!) und rein in den CMTA.

Der Übeltäter?

Immer noch skeptisch (das soll’s jetzt sein? Unmöglich!) schalte ich den CMTA ein. Alle LEDs der Frontplatte leuchten auf, die Eichleitung spielt ein kurzes Schlagzeugsolo und nach wenigen Sekunden erscheint „Selftest“ und dann „CMTA OK“ im Display. YEAAAAAHHHHHHHHHH!

Erfolg! 🙂

Abspann

Nach dem erfolgreichen Selbsttest begrüßt mich der CMTA aber mit „CAL D1 D30“. Ohje, doch etwas kaputt im Analogteil?

Ein kurzer Blick in das Betriebshandbuch verrät aber, dass das einfache Kalibrier-Routinen des Gerätes sind.

D1 ist der Nullabgleich des Power-Meters. Einfach nichts an die Eingangsbuchse anschließen, „D 1 SEPC“ eingeben und drei Sekunden warten, weg ist die Meldung.

D30 ist der Offset-Ausgleich des RMS-Voltmeters. Hierzu soll eine möglichst genaue Spannung von 40 mV (R&S empfiehlt +-0.1%) mit 800 Hz in die „AF Voltmeter“-Buchse eingespeist werden und anschließend „D 30 SPEC“, nach 5 Sekunden ist auch diese Meldung verschwunden.

Das war’s. Fertig. Nach fast sieben Jahren und unendlichem Maße an Frustration hat dieses Projekt ein gutes Ende gefunden. Der CMT ist immer noch hier und ich überlege mir, was ich damit mache. Außer ganz weniger (leicht beschaffbarer) Komponenten fehlen ihm ja keine Teile. Er ist eben auch defekt. Als Teilespender bleibt er in jedem Fall erst mal erhalten. Genauso, wie das originale, „verbastelte“ Netzteil.

Was lernen wir? Hartnäckigkeit kann sich auszahlen.

Prost!

Der Kurzfilm nach dem Abspann

Beim Testen fiel mir auf, dass der RF Spectrum-Analyzer stocktaub ist. Großer Schreck!

Laut Blockschaltbild kann aber nicht der Mischer kaputt sein, es ist für alles der Gleiche. Dann wäre das Gerät immer taub und unbrauchbar. Lediglich eine andere Eichleitung wird benutzt, die 0/10/20/30dB Eichleitung statt des VGA, der für alle anderen Messfunktionen genutzt wird. Dort waren zwei Kabel vertauscht, das Eingangssignal ging in’s Nirwana. Nachdem es richtig angeschlossen wurde, geht das jetzt auch. Puh!

Ein kompletter Abgleich steht jetzt an, dieser wird in einem weiteren Beitrag beschrieben.

Jetzt aber endgültig Prost!