Archiv für den Monat: November 2018

Reinigung und Pflege von HF-Steckverbindern

Da ich gerade ein neues, altes Cal-Kit für den (ebenfalls neuen, alten) VNA bekommen habe, kam das Thema Reinigung, Pflege und Wartung von hochwertigen HF-Steckverbindern auf meine Tagesordnung. Speziell bei höheren Frequenzen kann eine solide Dreckschicht das Messergebnis schon signifikant beeinflussen. Insbesondere bei empfindlichen Messungen, wie der Reflektion eines recht guten Abschlusswiderstandes, kann der Einfluss gut sichtbar sein.

 

 

 

 

 

 

HF-Stecker haben die Eigenschaft mit der Zeit so eine schwarze Dreckschicht anzusetzen. Woher die genau kommt, ist mir unbekannt, es ist aber irgendwie immer diese schwarze Pampe. Vermutlich ist es Staub, Metallabrieb und Hautfett. Wohl auch ein Grund warum an nicht wenigen Vektor-Netzwerkanalysatoren Handschuhpflicht herrscht.

 

Als Grundlage dieses Artikles kann man die (uralte) Application-Note 326 von HP sehen. Dort gibt es ausführliche Beschreibungen zu einzelnen Steckertypen. Als bestes Reinigungsmittel wird flüssiges Freon (FCKW) empfohlen, damit bewirbt man sich aber nicht gerade als Umweltengel. 🙂

Alternativ wird Isopropanol genannt. Das ist auch meine Wahl: Leicht zu bekommen (auch hochrein), nicht giftig und auch zu Hause händelbar.

Anritsu, der Hersteller meines Cal-Kits, empfiehlt “Denatured Alcohol”, also Brennspiritus. Diese Wahl finde ich persönlich etwas seltsam, denn a) ist Brennspiritus meines Wissens nach etwas aggressiver als Isopropanol und b) enthält er irgendwelche Additive zur Vergällung, die dann auf den Kontaktflächen verbleiben oder chemisch reagieren. Ich habe mal gelesen, dass diese Additive auch korrosiv wirken können, weshalb Brennspiritus generell nicht für die Reinigung von Elektronik empfohlen sei. An anderer Stelle stand, dass teilweise Aceton mit drin ist, und das will ich nun wirklich nicht an meinen Bauteilen haben. Aceton greift viele Kunststoffe in sehr kurzer Zeit an und die Halterungen der Innenleiter von Steckverbindern mit Luftdielektrikum sind soweit ich weiß nicht aus Teflon. Hier bin ich aber gerne auch für Korrekturen zu haben, vielleicht mache ich ja mit Isopropanol auch alles falsch und riskiere Schäden an Geräten und Bauteilen?!

Hier sieht man einen 3,5 mm Testport meines VNA

In 3,5 mm-GND-Kontaktfläche hat sich dieser dunkle Dreck abgesetzt, dies gilt es zu Reinigen.

Nach einer vorsichtigen Reinigung sieht die Kontaktfläche dann so aus:

Man sieht gut, dass der Dreck recht gut ab gegangen ist und nun das Metall wieder frei liegt.

Nur wie wird sowas gemacht? HP empfiehlt spezielle Tücher und Wattestäbchen, die man bei Ihnen kaufen konnte. Die Dinger gibt es bestimmt auch heute noch bei Keysight, nur für den Heimbastler zu wohl eher wenig attraktiven Preisen. Wattestäbchen hat aber auch hierzulande jeder zu Hause und die Dinger sind netterweise gegen erstaunlich viele Lösemittel resistent. Also eigentlich gut geeignet, aber:

So wird das nichts 🙂

Ich behelfe mir mit einem kleinen Trick, ein Wattestäbchen, ein Zahnstocher und etwas(!) Isopropanol.

Von dem Wattestäbchen wird mit den Fingern ein bisschen was abgezupft.

Hier sollte man Handschuhe tragen, um die Watte nicht beim Hantieren mit Hautfett zu verunreinigen.

Die abgezupfte Watte kann man dann, wie Spagetti mit der Gabel, auf die Spitze des Zahnstochers aufwickeln, zwischen den Fingern etwas drehen zum Verfestigen, und schon hat man sich ein Mini-Wattestäbchen gebaut:

(Zweihändig geht’s besser 🙂 )

Ein ganz kleiner Dip ins Isopropanol, die Watte soll nur feucht sein. Ich habe mir mal so eine Pumpflasche gekauft, die ist für sowas wirklich praktisch, in der Kappe bildet sich nach einem Pumphub ein kleiner See in den man das Wattestäbchen eintunken kann. Kann ich absolut empfehlen, die Dinger kosten nicht die Welt.

Mit dem feuchten Wattestäbchen dann vorsichtig kreisend den Stecker reinigen. Aber höllisch aufpassen nicht den Innenleiter zu verbiegen.

Quillt eine Menge Isopropanol aus der Watte, war es zu viel. Das Beste ist, wenn gar kein Reinigungsmittel in den Stecker eindringt. Erstens könnte das Lösemittel irgendwas beschädigen und zweitens wird der Dreck im Zweifel nur in den Stecker rein gespült und bleibt dort für immer. Daher würde ich auch nie irgendwelche Sprays direkt in den Stecker sprühen, da rutscht der Dreck auch nur tiefer ins Innere und verursacht letzten Endes nur noch mehr Ärger.

Ich nehme immer den Stecker in die linke Hand und den Zahnstocher in die Rechte und lasse den Zahnstocher dann zwischen den Fingern kreisen. So kann man sehr schön am Rand entlang fahren und rotiert gleichzeitig die Watte.

Wichtig: Den Zahnstocher sehr vorsichtig und gerade einführen. Niemals schräg in den Stecker rein, dann läuft man Gefahr unabsichtlich den Innenleiter zu verbiegen.

Hier ein Beispiel von der Menge an Dreck, die ich aus einem Satz des Cal-Kits heraus geholt habe. Man sieht, es hat sich gelohnt, da sammelt sich schon einiges an. Die Kontaktflächen sind alle wieder blank. Man sollte dann etwas warten, dass alles Reinigungsmittel sicher rückstandslos verdunstet ist, bevor man die Plastikkappen wieder aufsteckt.

Die Gewinde außen reinige ich immer mit einem Pinsel und etwas Isopropanol, einfach den Dreck heraus bürsten. Wie man sieht, verschwindet der schwarze Dreck auch vollständig und die schöne, vergoldete Oberfläche kommt wieder zum Vorschein.

Bei keinem der beiden Reinigungsvorgänge sollte man irgendwie Kraft aufwenden. Es ist eine Aufgabe, die durchaus etwas Geduld erfordert. Aber wenn man sich den Wert eines einzelnen Bauteils mit 3,5 mm/2,92 mm Steckern vergegenwärtigt (selbst ein einfacher f-f Adapter kostet schnell über 50€!), was sind da schon fünf Minuten mehr oder weniger bei einer Reinigung, die vielleicht einmal im Jahr nötig ist.

Ich hoffe, dass dies für den einen oder anderen hilfreich ist.

Bis dahin beste 73.