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Defekter 2,92 mm (K) Steckverbinder, was nu?

Do not try this at home 🙂

Richtige HF-Steckverbinder, also alles ab 3,5 mm, sind ja so ‘ne Klasse für sich. Man braucht sie nun mal, aber die meisten Menschen sind froh, wenn sie nichts damit zu tun haben müssen. Während man bei N oder gar PL schon “voll Gorilla” an den Stecker ran gehen muss, um irgendwas kaputt zu machen, reicht bei denen schon eine Kleinigkeit aus und alles ist im Eimer. Und genau davon handelt dieser Beitrag.

Ich habe gebraucht zwei Inmet 6 dB Dämpfungsglieder gekauft. Leider kam die Enttäuschung direkt nach Erhalt des Umschlags: Eines der Beiden war beschädigt (= im Eimer):

Der Verkäufer hielt die Präzisionsstecker für SMA und hat, nehme ich mal an, diese auch mit SMA-Kabeln getestet. Ein schönes Beispiel, wieso niemals SMA-Stecker in 2,92 mm Stecker rein gehören! Wahrscheinlich war der Pin des Test-Kabels etwas länger und hat die Kontaktfedern verbogen bzw. abgebrochen. So ein Mist! Die Rückabwicklung mit dem sichtlich zerknirschten Händler war kein Thema, aber nun hatte ich einen defekten Abschwächer, was also tun?

Das was man nie tun darf, oder soll: Am Stecker rum biegen! Zunächst aber eine Bestandsaufnahme. Transmission am VNA von 2-40 GHz, klar zu erkennen zwei ziemlich üble Resonanzen bei ~15 GHz und über 30 GHz. Die über 30 ist ja nicht so wild, aber 15 ist schon sehr ärgerlich, zumal so eine Resonanz durch Fehlanpassung, je nach Kabellänge, gerne auch nochmal etwas wandern kann.

Der augenscheinlich unbeschädigte Abschwächer sieht da erheblich besser aus. Der darf so in die Adapterbox.

Nachdem nun klar ist, dass der defekte Abschwächer so für nix mehr zu gebrauchen ist, habe ich vorsichtig mit einem Zahnarzt-Werkzeug die verbogenen Kontaktfedern ganz langsam zurück gebogen, hier ist Fingerspitzen-Gefühl gefragt.

Und tatsächlich, zumindest die Resonanz bei 12 GHz konnte ich reproduzierbar weg bekommen. Die Anpassung (leider nicht fotografiert 🙁 ) war auch wieder im Rahmen. Bei 30 GHz ist der Pegel bereits etwas abgefallen. Der Messaufbau war wie abgebildet: Port-Kabel -> 2,92 mm m-f-Adapter (“connctor-safer”) -> EUT -> f-f-Adapter -> Port-Kabel.

Klar ist: Das ist Pfusch allererster Güte! Sowas macht man nicht!

Klar ist aber auch: Zumindest bis 26,5 GHz müsste man den Abschwächer so wieder gut einsetzen können. Ich werde wohl einen “connector-safer” mit etwas Loctite an den Abschwächer dran machen, dann ist die kritische Verbindung fest und mit fixem Drehmoment angezogen. Für Hobby-Niveau also durchaus nicht verloren. Letzten Endes war es aber eher ein Experiment, so richtig vertrauen mag ich dem Abschwächer immer noch nicht.

Gasableiter im Tektronix 576

Beim Aufräumen sind mir ein paar Gasableiter untergekommen. Diese kleinen, weißen Pillen, die ganz gerne auch mal in Schaltnetzteilen drin sind. Ich bin beileibe kein Experte auf dem Gebiet, aber ich meine, das ist die gröbere Kelle zum MOV, der wieder die gröbere Kelle zur Schutzdiode (Zener) ist. Daher ist ein Überspannungsschutz immer mehrstufig Gasableiter-MOV-Zener. Im Überspannungsfall zündet erst die Diode, dann der MOV und dann der Gasableiter. Sollte das Unsinn sein, bitte ich um einen Kommentar unten. 🙂

Nun besitze ich ja seit kurzem einen wunderbaren Tektronix 576 Kennlinienschreiber. Dieser ist auch in der Lage ziemlich hohe Spannungen (bis 1500V!) an den Prüfling zu geben und müsste also locker ausreichen einen solchen Gasableiter kontrolliert durchzuzünden. Also rein mit dem Teil in den Tek und vorsichtig Gas geben. Und tatsächlich erkennt man schön die “Kennlinie” des Ableiters.

Einschub: IV-Kennline

Wer noch nie mit einem Kennlinienschreiber zu tun hatte, braucht an dieser Stelle vielleicht ein paar erklärende Worte. Der Kennlinienschreiber gibt die IV-Kennline eines Bauteils wieder, also Strom über Spannung.

Betrachten wir hierzu einmal eine Diode: Eine Diode Leitet wenn sie “vorwärts” mit Strom versorgt wird und sperrt wenn sie “rückwärts” mit Strom versorgt wird. Auf dem Kennlinienschreiber sieht das dann so aus:

Die X-Achse ist die Versorgungsspannung, die Y-Achse ist der Strom. Im Beispiel ist 0V in der Mitte des Monitors.

Anhand der Einstellungen sehen wir, die Versorgungspannung der Diode steigt mit jedem Skalenteiler von links nach rechts um 500 mV. Jeder Skalenteiler in Y-Richtung entspricht einem Strom von 5 mA.

Man sieht hier also von -2,5 V bis etwa 0,25 V passiert nichts, es fließt kein Strom. Ab 0,25 V (also kurz nach der Mitte) aber steigt der Strom sehr schnell an, die typische Diodenkennlinie entsteht. In dem Fall von einer Germaniumdiode.

–Einschub Ende— 🙂

 

Zurück zu unserem Ableiterchen:

Bis zur Zündspannung sehen wir keinerlei Stromzunahme. Hier ist die Spannung am EUT bereits auf 200V aufgedreht. Nach Datenblatt soll der Ableiter bei etwa 230V durch zünden.

Und tatsächlich, bei ziemlich genau 230V zündet der Ableiter und fällt auf eine Brennspannung des Lichtbogens von ca. 75V herunter. Die steile vertikale Line zeigt an, dass der Spannungsfall am Gasableier unabhängig vom Strom ist (Impedanz im Arbeitspunkt nahe Null). Das ist auch sinnvoll. Denn das heißt unabhängig von der Energiemenge, die in mein Gerät rein kommt, muss ich es (oder die weiteren Schutzstufen) nur so designen, dass es dauerhaft nur die 75V Brennspannung ab kann. Ob da nun 10 mA oder 1A durch den Gasableiter fließt, ist mir egal (okay, irgendwann geht der natürlich auch kaputt).

Wenn man der Sache ein bisschen mehr Bumms verpasst, kann man den Überschlag auch schön im Keramikgehäuse leuchten sehen und anhand der organgenen Färbung jetzt über das Gasgemisch rätseln.

Das Foto ist etwas hässlich, da durch die geschlossene Schutzabdeckung des Tek gemacht.

Ich war mir nicht 100% sicher, ob es den Gasableiter nicht doch irgendwann zerlegt und das wollte ich im Zweifel nicht abbekommen 🙂

Und natürlich ist da auch Strom drin. Mit einem Kennlinenschreiber wie dem 576 kann man sehr einfach lebensgefährliche Spannungen und Ströme erzeugen. Ein solches Gerät sollte immer mit Umsicht genutzt werden.

 

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